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Donnerstag, 9. Juni 2016

In der Ruhe liegt die Kraft

Study- and Residence Center der Technischen Universität München in Raitenhaslach feierlich eröffnet

BURGHAUSEN. Seit vergangenen Montag tagen die besten Köpfe und Talente auch offiziell im Study- and Residence Center der Technischen Universität in Raitenhaslach. Sie können die außergewöhnliche Ruhe, die die alten Mauern ausstrahlen, nutzen, um ihre menschlichen und geistigen Kräfte auf eine neue Art fliegen zu lassen. „Hier trifft Tradition auf Zukunft. Die Trends der Zukunft leben von den Innovationen unserer Zeit“, sagte ein gut aufgelegter Ministerpräsident Horst Seehofer im Rahmen des offiziellen Festaktes zur Eröffnung im Steinernen Saal. Der Aula Major wie er im Latein der Zisterzienserzeit auch heißt. 
Dieser Satz ist hervorragend geeignet, um aufzugreifen, welche faszinierenden Potenziale sich mit der Idee auftun, die TU-Präsident Wolfgang A. Herrmann im Rahmen der Exzellenzinitiative 2005 zu Papier gebracht hat. Am Montag dieser Woche trafen sich 80 Wissenschaftler, um die neuen Möglichkeiten von Energiegewinnung zu diskutieren. Sie sind Experten im Bereich der Katalysatoren. Diese chemischen Stoffe werden auch Mittlerstoffe genannt. Sie bringen chemische Verbindungen zusammen, die sich ohne den „Hochzeitsvermittler“ nicht riechen können. Sie treffen aber auch solche, die sonst nur schwer zu trennen sind. Der „Jungferngruppe“ in Sachen Tagung ist es in die wissenschaftliche Wiege gelegt, CO² aus der Luft zu filtern, zu trennen und die neuen Verbindungen zu speichern. Diese können dann später genutzt werden, um Energie in Form von Strom zu gewinnen. Eine geniale Sache, die unseren energieintensiven Breiten sehr reizvoll werden könnte.

Verbindungen schaffen

Prof. Wolfgang A. Herrmann will mit diesem neuen Ambiente Verbindungen zwischen dem wissenschaftlichen Ansatz und den Wurzeln von Geschichte und Tradition schaffen. In der Tat ist Raitenhaslach ein Ort außergewöhnlicher Ruhe. Das große Glück eines auch vor der Sanierung immer noch sehr gut erhaltenen barocken Ensembles, berührt die Herzen und Gedanken der Talente, die sich hier treffen, um auch quer zu diskutieren. „Letztendlich bedeutet es, dass sich alle bewusst werden sollen, was Ideen und Entwicklung für die Gesellschaft bedeutet werden“, erklärt Prof. Herrmann. „Die neuen Dinge, mit denen wir uns in der Politik beschäftigen, kommen alle von außen und nicht von den Ministerien oder aus der Staatskanzlei. Wir hier in Bayern messen uns mit den Besten aus der ganzen Welt. Die TU spielt hier eine entscheidende Rolle von der Umwelt bis zu den Finanzen“, unterstrich Seehofer. Ein sehr gutes Beispiel ist die rasante Entwicklung der Digitalisierung. Jetzt ist die ganze Welt miteinander vernetzt. Nachrichten verbreiten sich in Milliardstel von Sekunden.
Der Mensch wird transparent, ob er dies bewusst oder unbewusst will oder nicht. An solchen Stellen muss die Politik rechtliche und infrastrukturelle Rahmenbedingungen schaffen. MdB Stephan Mayer war während der letzten Legislaturperiode Mitglied in der Enquete-Kommission, die sich genau mit diesem Thema beschäftigte. Herrmann wiederum könnte sich vorstellen, eine öffentliche Veranstaltung zum Thema Digitalisierung zu schaffen. Verbindungen entstehen sicherlich auch dadurch, dass der mittlerweile herrlich blühende Park vor und hinter dem Klosterareal frei zugänglich ist. 

Im Sinne der Zisterzienser

Dass die Verbindung zwischen Altem und Neuem kein schwierig zu realisierendes Gedankenspiel ist, zeigte sich anhand der Ausstellung der Graduierten Schule, die heuer ihr zehnjähriges Jubiläum feierte. Zuletzt waren unter anderem die jungen Wissenschaftler vom Wasser Cluster vor Ort, um ihren Abschluss zu feiern. Die Zisterzienser waren einst Meister in der Urbarmachung von Land. Sie schafften es an anderen Orten, Moore in Windeseile stillzulegen. Vor Ort zeugt der Wasserturm von der Genialität der alten Mönche. Sie schafften es, auf der Anhöhe stets fließendes Wasser zu haben, erschufen einen unterirdischen Fließwasserkanal für Mühle und Klostersäge. Diese jungen wissenschaftlichen Nachfolger beschäftigen sich in unterschiedlichen Formen mit Wasser. Hier geht es um Physik, Chemie, Biologie, die ökonomischen und sozialen Auswirkungen und vieles mehr. Die Forschung in Sachen Wasser gehört zu den wichtigsten globalen Punkten. Schließlich gibt es ohne dieses Element kein Leben. 97,5 Prozent des weltweiten Nasses sind Salzwasser. Von den restlichen 2,5 Prozent Süßwasser sind 67,5 Prozent nicht nutzbar. Jeder weiß, dass Trinkwasser das flüssige, aber nicht mehr vorhandene Gold in vielen Regionen ist. Dort, wo es Wasser in Massen gibt, sind die Verhältnisse sehr seltsam. Wir brauchen rund 120 Liter am Tag für den eigenen Verbrauch. Die Nutzung des so genannten virtuellen Wassers, das zur Herstellung gebraucht wird, ist mit 4.200 Litern pro Tag und Person dagegen gigantisch groß. Der Wassercluster arbeitet an vielen Neuerungen. Sie schauen, wie aus Nebelnetzen, Salzwasser und auch aus Abwasser trinkbares Nass gewonnen werden kann. Sie erforschen, wie aus Abwasser wertvolle Energie gewonnen werden kann. Das sind Themen, die viele Bürger beschäftigen und so für Interesse dafür sorgen, was in Raitenhaslach passiert. Hier wird gezeigt, dass nicht abgehoben, sondern sehr zukunftsweisend diskutiert und geforscht wird. Hier in Raitenhaslach kommen viele internationale Studenten zusammen. „Wir haben 22 Prozent ausländische Studenten“, sagt Präsident Herrmann. Mitten im Herzen des Inn-Salzach-Gebietes treffen sich geniale Köpfe aus den weltweit angesiedelten Partneruniversitäten. Hier im Herzen Europas, was unsere Region durch die EU-Ostöffnung geworden ist, werden viele Gedanken und Konzepte entstehen. Und das 870 Jahre, nachdem das Kloster Raitenhaslach 1146 gegründet wurde. (uk)



Steindl wird 
Ehrensenator

BURGHAUSEN.
 Der offizielle Festakt zur Eröffnung des Studienzentrums der Technischen Universität in Raitenhaslach war eine lockere Veranstaltung. Vor allem auch deshalb, weil die BR-Moderatorin Anouschka Horn durchs Programm führte. In diesem Rahmen interviewte sie Ministerpräsident Horst Seehofer, TU-Präsident Wolfgang A. Herrmann und Bürgermeister Hans Steindl. 
In diesem Rahmen ehrte Ehrenbürger Herrmann Hans Steindl. Er sei ein Feuergeist des Gemeinwesens und passe in die parlamentarische Demokratie. Aus Sicht der TU habe sich der Burghauser um dieses Studienzentrum verdient gemacht. Steindl entscheide auch einmal alleine, wenn es wichtig sei. „Es standen viele mögliche Investoren bereit, als es um die Ersteigerung des Areals ging. Ich habe mich damals mit der Bank zusammengetan. So konnten wir alles für 1,1 Mio. Euro ersteigern“, so Steindl. 
Allerdings verspürte er viel Gegenwind durch die CSU. Diese fürchtete ein Millionengrab, weil 2003 weit und breit noch kein Betriebskonzept gab. Die Stadt reparierte das Dach des Prälatenstocks und sanierte alle 170 Fenster des wichtigsten Baus im neuen Studienzentrum. Man mag es Glück oder Fügung nennen, dass sich Prof. Herrmann in das ehemalige Kloster verliebt hat: „Viele haben mich gefragt, welches der wichtigste Bau wäre. Für mich ist es das gesamte barocke Ensemble, das eine besondere Wirkung entfaltet.“ Und dann kam die Entscheidung der Politik eine zweite Exzellenzinitiative für Universitäten ins Leben zu rufen. So entwickelte Herrmann die Idee des Studienzentrums, dessen Umbau laut Steindl rund 20 Millionen Euro gekostet hat.
Nun ist Steindl also Ehrensenator der TU, weil er sich als TU-Außenstehender verdient um die jetzige neue Chance gemacht hat. Im Rahmen der Ehrung unterlief Wolfgang A. Herrmann ein sehr amüsanter Versprecher. Er stellte fest, dass Steindl bereits seit 1919 Bürgermeister sei. „Seit 1990“, korrigierte der Ehrensenator, „da bin ich jetzt schon ein bisserl erschrocken.“ Der Rest im Saal, vor allem der in der heimischen Politik involvierte, lachte herzlich und schmunzelte, als Herrmann Steindls entscheidungstechnische Solis herausstrich. (uk)