Impressum |
   
   


ePaper Arbeitsmarkt Inn Salzach Anzeigen Ansprechpartner Service
................        

Montag, 27. Juli 2015

Summ, summ - stumm?

Zu viel Gift in der Landschaft, zu wenig Blüten und Pollen für Bienen

von Martin Wimmer

MARKTL/REGION. In den USA sind nahezu 80 Prozent aller Bienenvölker verschwunden. Die Zahl der in Bayern und Österreich lebenden Bienenvölker hat sich in den letzten Jahrzehnten halbiert. Schuld am Bienensterben sind Milben, Viren und vor allem der Mensch. Umweltschützer und Imker begleiten diese Entwicklung mit großer Sorge.  Ohne die Existenz der natürlichen Bestäuber ist die Vielfalt unseres gesamten Ökosystems gefährdet. Schon heute finden sich nachweisbare Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt.
Der InnSalzachKurier  im Gespräch mit Reinhard Schröpfer, Erster Vorsitzender des Imkervereins in Marktl.

ISK: Herr Schröpfer, wie schwerwiegend ist das Problem des Bienensterbens in unserer Region? Und wie sind die Aussichten?

Reinhard Schröpfer: Bei uns sind vom Spätherbst 2014 bis zum Frühjahr 2015 mehr als ein Drittel der Bienenvölker gestorben. Manche Imker hatten im Frühjahr gar keine Bienen mehr. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir haben unsere Bienenvölker wieder aufgebaut, ich hoffe, dass wir bis zum Herbst 2015 wieder die Völkerzahlen von 2014 erreichen werden.

ISK: Warum sterben Bienen? Ist es der Klimawandel?

Reinhard Schröpfer: Den Klimawandel als Grund für das Bienensterben kann man, so glaube ich, ausschließen. Der Hauptgrund ist die Varroa-Milbe „Varroa-destruktor“, die nicht nur selbst die Bienen angreift – nein,  sie infiziert die Bienen auch mit Viren, von denen das DWV (Deformed Wing Virus) das Schlimmste ist. Es führt zu verkrüppelten Flügeln und auch Beinen. Bienenvölker, die jetzt um diese Jahreszeit, also im Juli, vermehrt solche Bienen aufweisen, sind meist nicht mehr zu retten. Im Herbst 2014 war die Anzahl der Milben in den Bienenvölkern enorm. Ein Grund waren die vielen Bienenschwärme, die im Mai/Juni von den Völkern abgingen und sich in hohlen Bäumen etc. einnisteten. Während die Imker ihre Bienenvölker ab Mitte Juli meist mit organischen Säuren (Ameisensäure) behandeln, bekommen die Schwärme in den Bäumen natürlich keine Behandlung. 2014 gab es außerdem fast keinen Honig, d. h. die Schwärme, die nicht von den Imkern eingefangen wurden und in hohlen Bäumen überwintern mussten, hatten kein Futter. Ihre einzige Überlebens-
chance war, sich von den mit Zuckerlösung eingefütterten Völkern der Imker Futter zu holen. Sie räuberten die eingefütterten Völker mit brachialer Gewalt aus und brachten dabei noch alle ihre Milben mit. Das war der Anfang vom Ende. Vor allem,  weil es für diese Jahreszeit (Anm.: Herbst bis Spätherbst) kaum noch Mittel für eine effektive Behandlung für den Imker gibt. 


ISK: Welche Auswirkungen haben Pestizide auf Bienen?

Reinhard Schröpfer: Pestizide wirken größtenteils giftig und damit tödlich für Bienen. Siehe Einsatz von Neonicotinoiden zur Saatgutbeizung im Rheingraben vor einigen Jahren, bei dem tausende von Bienenvölkern starben.

ISK: Was müsste sich in der Landwirtschaft ändern, um der Negativentwicklung entgegenzuwirken?

Reinhard Schröpfer: In der Landwirtschaft hat sich schon einiges geändert – Neonikotinoide sind (noch) verboten. Man muss unsere Landwirte auch verstehen, sie müssen teilweise Mittel einsetzen um zu Erträgen zu kommen. Zum Beispiel der Raps muss gegen den Rapsglanzkäfer gespritzt werden. Wenn diese Spritzung in der Zeit erfolgt, in der die Bienen die Rapsblüten befliegen, sterben sie. Erfolgt die Spritzung am frühen Morgen oder abends außerhalb des Bienenflugs, passiert wenig.
Die Landwirtschaft kann sehr viel tun, damit es den Bienen besser geht. Die Anlage von Blühflächen wird gefördert und von vielen Landwirten auch genutzt. Ein neues Programm (Greening) fördert den Anbau von Blühflächen als Zwischenfrucht nach der Ernte von Wintergetreide usw.


ISK: Gäbe es keine Bienen mehr dann ...?

Reinhard Schröpfer: Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, kein Mensch mehr – sagte Albert Einstein. Ob es wirklich so ist? Auf jeden Fall würde sich sehr viel ändern. Der größte Teil der blühenden Obstsorten wird von den Honigbienen bestäubt. Im Gegensatz zu den Wildbienen (auch Hummeln) sind Honigbienen „blütenstetig“. D. h. sie bleiben während eines Sammelfluges auf einer Blütenart. Es nützt ja einer Apfelblüte nichts, wenn sie mit dem Pollen einer Zwetschgenblüte bestäubt wird.

ISK: Kann der einzelne Mensch etwas tun, um der Biene unter die Flügel zu greifen?  

Reinhard Schröpfer: Blühende Flächen und seien sie noch so klein, kann jeder anlegen. Nicht umsonst erlebt die „Stadtimkerei“ auch in Großstädten, sogar in New York einen ungeheueren Aufschwung mit besseren Honigerträgen als in reinen landwirtschaftlichen Gegenden. 

ISK:  Vielen Dank für dieses Gespräch!