Seit 2004 sorgt die grenzüberschreitende Zeitung für Aufklärung und Verbindungen
von Uli Kaiser
BURGHAUSEN. Die Geschichte des „Salzachkurier“ beginnt im Jahr 2004. Sie ist interessant, spannend und zeugt von Mut und Risiko. Schließlich mussten sich die Gründer und Werbeagenturinhaber Christian Schrammel und Martin Wimmer mit ihrer Idee zuerst einmal etablieren und das Produkt bzw. den Inhalt des damals neuen Mediums Schritt für Schritt von Grund auf neu entwickeln.
Die ersten Ausgabe umfassten sechzehn Seiten, waren schwarzweiß, erreichten die österreichischen Orte Hochburg-Ach und Über-ackern und auf bayerischer Seite die Stadt Burghausen. Es dauerte nicht lange, da sorgte ein Beitrag für besonderes Aufsehen. Die schwierige Situation der Grüben wurde kritisch beleuchtet. Fundierte Kritik ist ein Grundpfeiler des Journalismus. Doch nicht immer ist diese gewünscht und kann durchaus zu ungeahnten Diskussionen führen. Aus längerer Distanz gesehen, hatte der Stich ins Wespennest dennoch etwas Gutes.
Der Inn Salzach Kurier lebt davon, nicht tagesaktuell und politisch unabhängig zu sein. Die Stärke der 14tägigen Erscheinungsweise ist es, in Ruhe Hintergrundreportagen zu entwickeln, die viel zur Aufklärung beitragen können. Selbstverständlich passieren auch einmal inhaltliche Fehler bzw. werden Meinungen zu offensiv vertreten. Aber das ist Leben und Leben bedeutet Emotionen.
Missverständnisse auflösen,
Gräben zuschütten
In den letzten rund zwölf Jahren durfte das ISK-Team viele spannende Projekte begleiten. Eine der interessantesten Geschichten war die Versorgung Burghausens mit Wasser aus dem Weilhartsforst. Hier ging es darum, die Preisgestaltung für den Kubikmeter für die Österreicher und die Deutschen zu erläutern. Aufgrund gesetzlicher Grundlagen differieren diese. Wichtig war es auch zu erklären, dass mehr als genug Wasser aus den Alpen kommt und wegen Burghausen keine Brunnen vertrocknen oder Dürre ausbricht. Die Aufklärung hat viel zur Entspannung beigetragen. Sehr spannend war auch die Idee der Lokalbahnverlängerung bis Burghausen. Sicherlich war jedem klar, dass dies im Prinzip ein Jahrhundertwerk wäre. Grundsätzlich wäre eine verkehrstechnische Abstimmung der Region Passau/Schärding/Braunau/Burghausen/Salzburg eine großartige Sache. Doch hier wird wohl ewig nichts passieren. Leider werden in diesem Bereich viele Punkte zu machtpolitisch gesehen und genau deshalb sinnvolle Ansätze, die selbstverständlich nachhaltig entwickelt werden müssen, ganz simpel blockiert. Auf diese Weise wird es schwer, ein Europa der Regionen aufzubauen. Wobei auch klar ist, dass etwas, was über Jahrhunderte getrennt war, nicht innerhalb von einer Generation wieder verflochten werden kann.
Blockaden lösen
Ein Beispiel dafür ist der mittlerweile unwürdige Kampf um eine neue Salzachbrücke zwischen Tittmoning und Laufen. Ein Streit, der nach wie vor vom absoluten Willen Bayerns und Ober-österreichs abhängt. Ob nun eine Brücke zehn Millionen Euro mehr kostet oder nicht, sollte angesichts der Tatsache, dass diese dann 80 Jahre oder länger nutzbar ist, keine Rolle spielen. Gleiches gilt auch für die Balance zwischen Ökonomie und Ökologie. Hier sollten die Naturschützer, die zweifelsohne eine wichtige Rolle einnehmen, nicht immer nur dagegen sein, sondern sich auch einmal für eine ökonomische Zukunft, die auf Ökologie sinnvoll Rücksicht nimmt, entscheiden. Oder macht es Sinn – um einmal ein anderes Beispiel zu nehmen – wenn die Stadt Tittmoning vier Hektar Ausgleichsflächen organisieren muss, um einem Traditionsbetrieb wie Brückner einen neuen Standort zuweisen zu können, damit sich dieser erweitern und damit Arbeitsplätze am Ort erhalten bzw. neu schaffen kann. Gewerbesteuern sind wichtig für alle Städte und Gemeinden, damit sie sich auch einmal finanziell kreativ bewegen können. Geld für nachhaltige Dinge, auch im sozialen und ökologischen Bereich, kann nur ausgegeben werden, wenn Unternehmen sich entwickeln und dadurch Steuern zahlen können. Eine Region bleibt nur dann strukturell jung, wenn es Arbeitsplätze gibt, die in die Zukunft gerichtet und produktiv sind.
Goldmedaille für das GVZ
Selbst Europas größtes Naturschutzprojekt Natura 2000 nimmt bewusst auf die richtige Balance zwischen Ökologie und Ökonomie Rücksicht. Der Status des jeweiligen Flurstücks soll zumindest nicht verschlechtert werden. Ein Meisterwerk dieses Credos stellt das Güterverkehrszentrum im Marktler Wald dar. Dieses wurde in deutschem Rekordtempo von nur neun Jahren realisiert und blieb im vorgegeben Kostenrahmen. Hier wurden Biotopbäume für viel Geld versetzt. Der abholzte Bannwald wurde an anderer Stelle durch einen leistungsfähigen Mischwald ersetzt. Hier wurden die modernsten Natur- und Umweltschutzmaßnahmen angewandt. Herausgekommen ist ein sich im Rekordtempo entwickelndes Güterverkehrszentrum. Die Transportverlagerung auf die Schiene ist volkswirtschaftlich wertvoll, weil die Straßen geschont werden, Unfälle zurückgehen. Sie ist ein absoluter Gewinn für die Umwelt, da mehr als 60 Prozent des CO²-Ausstoßes eingespart werden. An diesem Projekt ist wunderbar zu sehen, wie sehr Ökonomie und Ökologie auch zum Wohle einer Region Hand in Hand gehen können. Wären die Standpunkte bei der Umfahrung ebenfalls so sinnvoll abgewogen worden, kostete das Projekt rund zehn Millionen Euro weniger. Die meisten Wohngebiete erfreuen sich bald an deutlich zurückgehender Lärmbelastung.
Zukunft und
Lebensqualität
Grundsätzlich leben alle Bürger hier in einer wunderbaren Region, die große Lebensqualität bietet. Im Verbund mit dem sehr naturbelassenen Innviertel stimmt der Mix zwischen nachhaltig leben und arbeiten. Seelentium, eine 2006 geschaffene Tourismusregion im Dreiländereck Oberösterreich, Salzburg und Bayern, hat mit seinem Engagement viel beigetragen. Burghausen und Tittmoning sind in diesem Verbund vertreten. Unsere Heimat ist auch Teil der Stille-Nacht-Region. Basis dieser sind die Orte, die mit Franz-Xaver Grubers und Joseph Mohrs „Stille Nacht, Heilige Nacht“ auf irgendeine Weise verbunden sind. Das wohl größte Projekt, dass in dieser Region entwickelt wurde, ist der Friedensweg in Hochburg-Ach. Das Dorf war emotional massiv gespalten, weil viele nicht an eine Chance für ein 250.000-Euro-Projekt glaubten. Hier half der ISK entscheidend mit, um emotionale Risse zu kitten. Der Friedensweg, der 2012 eröffnet wurde und mittlerweile mehrere Tausend Leute pro Jahr anzieht, wurde realisiert. Drent und Herent halfen zusammen. Burghausen spendete 60.000 Euro. Der Friedensweg und die Heimat des größten Friedensliedes der Welt können mit Sicherheit noch ungeahnte Potenziale wecken. Das Zusammenwachsen wird durch solche Ideen gefördert. Leider hat die zweifelsohne großartige Landesausstellung 2012 ein solches nicht in dem Maße gefördert wie erhofft. Sie ist nach ihrem Ende leider in ihrer Wirkung verpufft.
Gemeinsam helfen
Es ist aber auch schwierig, das Zusammenwachsen konstant voranzutreiben. Es hängt immer von einzelnen Personen oder Gruppen ab, die etwas bewegen. So geschehen beim „Seppl-Lauf“, ein Benefizlauf, den Walter Kopp und Herrmann Gasteiger seit 2012 an Silvester veranstalten. Ursprünglich wollten die beiden Österreicher dem schwer verunglückten Bruder Gasteigers helfen. Jetzt suchen sie immer neue Menschen, die ihre Hilfe benötigen. Viele Bayern nehmen an diesem Lauf teil und sorgen damit für gutes Geld für einen wichtigen Zweck. Gleiches gilt für den Brückenlauf, dessen Einnahmen mittlerweile gleich sechs Hilfsorganisationen auf beiden Seiten der Salzach zugutekommen. Solche Veranstaltungen helfen, um gemeinsam stark zu werden.
Bildungsregion
Inn-Salzach
Viele junge Österreicherinnen und Österreicher profitieren zudem auch vom Bildungsangebot, das vor allem das Zentrum Burghausen bietet. Mit der Entstehung des Campus Burghausen gibt es schon vier Studiengänge, die von Bayern und Österreichern belegt werden können. Engere Verbindungen werden gerade geknüpft. Aber auch das Study- and Residence Center, das von der TU in Raitenhaslach betrieben wird, bietet zukünftig ungeahnte Möglichkeiten. Junge Wissenschaftler und durchaus auch zukünftige Unternehmer tagen hier und könnten dabei auch Interesse an einem Standort im Inn-Salzach-Raum finden. Unsere Heimat ist ein Raum voller Lebens- und Arbeitsqualität. Hier kann sich noch vieles entwickeln, weil die Gelder, die vor allem Burghausen dank der starken Wacker-Chemie erwirtschaften kann, oftmals sehr sinnvoll, sowie ab und zu auch mutig eingesetzt werden. Der Ausbau des Hallenbades, der risikobehaftete Ankauf des Kloster Raitenhaslachs, der finanzielle Anschub beim Terminal und beim Hochschulprojekt, sowie sinnvolle Hilfen wie beim Friedensweg oder beim Freibad Burgkirchen, unterstreichen dies. Leider ist Europa noch kein Europa der Region. Das zeigt sich an der Krankenhausgeschichte. Die Neustrukturierung ist unumgänglich. Dennoch kann man nur mit dem Kopf schütteln, wenn beide Kreiskliniken und hier vor allem Burghausen offiziell an der Grenze mit ihrem Latein am Ende sind, weil man aufgrund der unterschiedlichen Finanzierungen der Krankenhausleistungen Österreicher offiziell nicht als Patienten sieht. Dabei könnten die Leistungen sicherlich einen sinnvollen Radius von Braunau bis Ostermiething abdecken. Offiziell tun sie dies nicht. Inoffiziell schon, wenn der rot-weiß-rote Gast in Bayern arbeitet und in Deutschland krankenversichert ist. Das ist nur ein Beispiel für so viele, in denen Europa bzw. die Länder viel Bürokratie abbauen und übergreifende Strukturen entwickeln müssen.