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Donnerstag, 7. Juli 2016

Glyphosat: am Ende bestimmt der Verbraucher was er isst

Die EU verlängert Zulassung um ein Jahr und will die Staaten selbst bestimmen lassen

DEUTSCHLAND/EUROPA. Die EU-Kommission hat die Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat vorerst bis 2017 verlängert. Dies hat folgenden Hintergrund: In rund 1,5 Jahren soll eine Neubewertung des Mittels stattfinden. Die Entscheidung stößt auf Zustimmung und Kritik – je nach Lager der Befürworter oder der Ablehner. Die Leidtragenden sind einmal mehr die Verbraucher, die für die Uneinigkeit in der Gemeinschaft büßen müssen. Letztendlich können aber allein die Verbraucher mit ihrer Kaufentscheidung dafür sorgen, pestizidverseuchte Produkte aus den Läden zu verbannen.

EU-Staaten bestimmen selbst über die Nutzung

Es ist und bleibt eine Hängepartie. Weil sich die EU-Mitgliedstaaten nicht mehrheitlich für oder gegen eine weitere Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat einigen konnten, hat die Kommission die Genehmigung von Glyphosat bis höchstens Ende 2017 verlängert. Bis dahin soll ein weiteres Gutachten der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA) fertig gestellt sein, das nach Einschätzung der Kommission „wegweisend für weitere Schritte“ sein soll. Die Folge dieser Verlängerung ist, dass jeder EU-Staaten nun selbst entscheiden kann, ob er Glyphosat-basierte Pflanzenschutzmittel zulässt, verbietet oder die Nutzung einschränkt.

Deutschland und Österreich:
Nicht ja, nicht nein


Weil man sich in der deutschen und österreichischen Regierung nicht einigen konnte, hat man sich im Rat enthalten. Die 20 Mitgliedstaaten, die die Zulassung ohnehin verlängern wollten, konnten die notwendige qualifizierte Mehrheit nicht erreichen. Die EU-Kommission begründet ihren Schritt deshalb auch damit, dass bei einer Nichtverlängerung der Zulassung auch diese Mitgliedstaaten die Nutzung von Glyphosat in ihrem nationalen Gebiet nicht erlauben hätten können.  

Bauern- und Industrie-
verbände für Glyphosat


Ob diese Entscheidung nun eine glückliche ist oder nicht, bleibt heftig umstritten. Branchenverbände wie der Industrieverband Agrar (IVA), die Branchenvereinigung Zentralverband Gartenbau (ZVG) und der Deutsche Bauernverband sowie natürlich die Hersteller monieren, dass der Zeitraum der Zulassungsverlängerung viel zu kurz sei und verweisen immer wieder darauf, dass die Krebsgefahr von Glyphosat nicht erwiesen sei. Sonst müsse es doch gerade bei Landwirten eine erhöhte Zahl von Krebsfällen geben. Das sei aber nicht der Fall. Desweiteren weisen manche Institute daraufhin, dass manche Mittel und Alternativen deutlich riskanter und problematischer sind. 

Naturschutzverbände 
gehen auf Nummer sicher

Kritiker, wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Greenpeace, das Umweltinstitut oder auch der BUND für Umwelt und Naturschutz, klagen, dass anstatt sich am Vorsorgeprinzip zu orientieren und bis zum Beweis der Unbedenklichkeit für Gesundheit und Umwelt Glyphosat zu verbieten, sich EU-Kommission und viele Mitgliedstaaten dagegen offenkundig von den Interessen der Agrarindustrie hätten leiten lassen.

Frankreich verbannt 
Glyphosat

Ob Deutschland das mögliche Glyphosat-Verbot erlässt, scheint wenig wahrscheinlich. Zwar plädieren Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks wie auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (beide SPD) für ein Verbot von Glyphosat, doch Agrarminister Christian Schmidt (CSU) will das verhindern. Dagegen hat Frank-reich ein nationales Verbot von Glyphosat bereits angekündigt.

Ohne Glyphosat 
wird es teurer

In Deutschland werden jedes Jahr 40 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen mit bis zu 5.000 Tonnen des Totalherbizids besprüht, vor allem bei Raps, Zuckerrüben, Wintergerste und -weizen, Körnerleguminosen, teils auch im Obstanbau. Auf Glyphosat basierende Pflanzenschutzmittel werden in Landwirtschaft und Gartenbau vor allem zur Bekämpfung von Unkräutern verwendet, die mit Kulturpflanzen konkurrieren. Die Ausbringung erfolgt in der Regel vor der Aussaat und zur Trocknung vor der Ernte, was die Pflanzen nach Aussage von Landwirten schneller und gleichmäßiger reifen lässt. 

Glyphosat erleichtert 
die Arbeit der Landwirte

 Ohne Chemie müssten Landwirte wieder zu mechanischen Unkrautvernichtung greifen – sprich zum Pflug oder Grubber, um die Pflanzenreste praktisch zu „beerdigen“. Doch genau diese früheren flächendeckend gängigen Praktiken verbrauchen wiederrum ein Vielfaches an Energie und Zeitaufwand. Und diese spiegeln sich am Preisetikett am Lebensmittel wieder. Kommt hinzu, dass nicht nur die Chemie, sondern auch das Umackern negative Auswirklungen auf das Bodenleben hat. Durch die Lockerung des Ackerbodens und läuft der Boden Gefahr bei starken Regengüssen oder Gewitterschauer nicht mehr aufnahmefähig zu sein und unwiederbringlich hinweggeschwemmt zu werden. Besonders Weinbauern und Landwirte in bergigen Gebieten können auf Steilhängen oft nicht mit schweren Maschinen fahren und sind um den Fakt froh nicht mehr pflügen zu müssen.
Doch bei allen Vorteilen, die das Unkrautvernichtungsmittel für die Landwirte bietet (hier nur wenige Gründe genannt) ändert es nichts daran, dass Glyphosat ein schädlicher Stoff ist. Die negativen Einflüsse des Unkrautvertilgers auf bestimmte Pflanzen und Tiere sind seit langem bekannt. So werden Beikräuter vernichtet, die Nahrungsmittel für nützliche Insekten sind und Insekten getötet, die Nahrungsquelle für Vögel und Amphibien sind. Des weiteren sind Pestizide mitverantwortlich für das sterben von Honig- und Wildbienen sowie anderen Bestäuberinsektenarten.

Kaufverhalten der
Verbraucher mitentscheidend 


Doch egal wie sich die einzelnen Länder letztendlich entscheiden – am Ende entscheidet der  Verbraucher ob er im Supermarkt zum günstigen oder zum teureren ökologisch angebauten Produkt greift. Wer für weniger Einsatz von Pestiziden ist, der kann das allein durch seine Kaufentscheidung beeinflussen. Produkte aus ökologischer Landwirtschaft sind zwar oft teurer, dafür aber in der Regel mit weniger Chemikalien belastet. (mw /Quellen: uba, bund, ma)