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Donnerstag, 14. September 2017

Freistaat gibt „Grünes Licht“ für Kreiskliniken

Der Um- und Ausbau der Kreiskliniken soll nun deutlich beschleunigt werden – 50 Millionen Euro Förderungen vom Staat

ALTÖTTING/BURGHAUSEN. Die Umstrukturierung der Kreisklinken Altötting-Burghausen geht schneller voran, als zunächst gedacht. Der Freistaat Bayern gab „Grünes Licht“ für den durchgängigen Bau des ersten Bauabschnittes. „Damit können wir den Funktionstrakt und die Aufstockung in einem Zug vornehmen und dürfen auch vorzeitig mit dem Bau beginnen“, erklärt Landrat Erwin Schneider. Ursprünglich war dieser erste Bauabschnitt in zwei Stufen genehmigt worden.
Bis zum Jahr 2020 entstehen nun neue Operationssäle, eine Intensivstation und ein neues Labor im Norden. Außerdem wird das Altöttinger Haus um 80 Betten aufgestockt. Die Kosten dieser Maßnahmen werden auf rund 58 Millionen Euro taxiert. Die Bauzeit wird sich von 2018 bis 2020/2021 erstrecken. Die Förderungen liegen bei 50 Millionen Euro. Der zweite und wesentlich kostenintensivere Teil ist die Sanierung des bestehenden Altöttinger Klinikums, das 1985 seiner Bestimmung übergeben wurde. Im zweiten Bauabschnitt, der sich von 2020 bis 2024/25 erstrecken wird, wird das bestehende Bettenhaus komplett entkernt und saniert. Nach dem Ende der Aufstockung können die Betten der zu sanierenden Stationen vorübergehend in die neuen Räume verlegt werden. Interessant wird, welche Überraschungen bei der kompletten Entkernung auf die Planer und Baufirmen warten. Neben den sichtbaren Maßnahmen wird auch die komplette Haustechnik neu gemacht. 

Hochwertiges 
ambulantes Angebot 

Nach dem Ende der Sanierung werden 80 Betten von Burghausen nach Altötting verlegt. Dann beginnt die endgültige Umstrukturierung der Immobilie Burghausen in ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Dabei geht es um eine sinnvolle und hochwertige Angebotsstruktur ambulanter Leistungen, die dank des medizinisch-technischen Fortschrittes immer größeren Raum einnehmen. Das MVZ ist bereits jetzt eine eigene GmbH unter der Führung des Kommunalunternehmens Kreiskliniken. Dass man damit auf dem richtigen Weg ist, unterstreicht eine Studie, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) in Auftrag gegeben hat. Die Experten beschäftigten sich mit den zunehmenden ambulanten Leistungen. Die Studie, die unter aerzteblatt.de beleuchtet wurde, kommt unter anderem zur Erkenntnis, dass ein MVZ am besten unter der alleinigen Trägerschaft von Krankenhäusern zu führen sei. 

Mehrwerte der 
Versorgungszentren 

Die Analyse brachte unter anderem hervor, dass die Anzahl der ambulanten Fälle in Praxen von 2011 bis 2013 um 2,6 Prozent zunahm, während die Krankenhausbelegungszahlen um 0,2 Prozent abnahmen. Die Experten untersuchten dabei 4.200 „ambulant-sensitive Diagnosen“. Deren Grundlage sind Krankenhausfälle, die durch eine vorausschauende ambulante Behandlung umgehbar gewesen wären. Zwölf Prozent solcher Einweisungen wären demnach vermeidbar gewesen. Nimmt man nichtdringliche Notfallaufnahmen noch hinzu, liegt man bei 20 Prozent vermeidbarer Krankenhausfälle. 

MVZ Burghausen – 
Fachärztliche Versorgung 

Das bereits gegründete MVZ Burghausen hat bereits mehrere Praxen und damit verbundene ambulante Angebote integriert. Ambulant bedeutet, dass der Patient noch am selben Tag oder aber bis maximal vier Tage stationär behandelt werden kann. Solche Leistungen unterliegen einer anderen, aber vor allem wirtschaftlich sinnvollen Vergütung. Das MVZ kann beispielsweise fachärztliche Praxissitze aufkaufen. Damit wird im Bedarfsfall eine ansonsten vakante regionale fachärztliche Versorgung gesichert. Es gibt Studien, wonach Deutschland fachärztlich überversorgt sein soll. In der Praxis sieht die Lage – auch bei uns – oftmals anders aus. In ein MVZ können sich auch Belegärzte einmieten, die die Infrastruktur temporär nutzen. Außerdem bietet ein optimal strukturiertes MVZ, wie es ab 2024/25 in Burghausen betrieben wird, viele Vorteile für Patienten und Besucher, weil viele Angebote auf einem Fleck sind. Außerdem können qualitativ hochwertige Angebote integriert werden, weil durch eine geschickte Struktur genügend Fallzahlen vorhanden sind, die diesen Standort für Fachärzte lukrativ machen. Diese zukünftige Entwicklung sieht auch die ZI-Studie als zentralen Punkt. So sollen Praxen mit Akutbetten – wie bereits in Burghausen integriert – entstehen. Außerdem fordern die Autoren den Ausbau des Belegarztwesens. 

„Hausärzte als 
Koordinatoren“ 

Die ZI-Studie brachte eine weitere, sehr bekannte Problematik an den Tag: die Überlastung der Notaufnahmen. So e­mpfiehlt die Studie an Notaufnahmen vorgelagerte Bereitschaftspraxen. Eine solche wird nun an das Haus in Altötting angelagert. Die Standortentscheidung traf die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Solche Einrichtungen werden von der KV finanziert und dienen als Katalysator. Die Patienten werden vom dort tätigen Mediziner begutachtet und bei Bedarf in die Notaufnahme weitergeleitet. Die Studienautoren empfehlen, dass Patienten bei Umgehung dieses Leitfadens in der Notaufnahme pauschal 20 Euro selbst zahlen müssen. Diese würden bei einer Krankenhauseinweisung direkt verrechnet. Von einer Zuzahlung befreite Patienten sollten zehn Euro bezahlen. 

Ambulante Versorgung 

Diese Entwicklung diene letztendlich der Stärkung des Hausarztwesens, das vom Grundsatz her stärker gefördert werden müsse. Dem Hausarzt soll laut der ZI-Studie die Rolle des Koordinators zukommen. Eine moderne IT-Infrastruktur solle bei der Koordinierung und Absprache helfen. Wichtig sei es zudem, zukünftig auf multidisziplinäre Teams aus Hausärzten, medizinischen Fachangestellten, Pflegekräften und Physiotherapeuten zu setzen, damit chronisch erkrankte Patienten noch besser ambulant versorgt werden können. (uk)