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Donnerstag, 20. Juli 2017

Plötzlich wollen alle was vom Julian

Julian Pollersbeck zog 2013 aus und folgte seinen Träumen

EMMERTING. Die Freude war groß, als der Emmertinger Torhüter mit der U21-Nationalmannschaft Deutschlands den Europatitel holte. Ganz Emmerting stand Kopf. Das Land feierte in einer furchtbar schnelllebigen Zeit seine Nachwuchshelden. Pollersbeck war in aller Munde und wurde in manchen Gazetten als der kommende Nationalkeeper gefeiert. Nach knapp einer Woche Feiermarathon wurde der 22-Jährige in seinem Heimatort empfangen. Wer den jungen Mann genauer betrachtete, der spürte, dass ihn alles zwar sichtlich freute, er aber dennoch sehr nachdenklich wirkte.
Schon als der neue Schlussmann des Hamburger Sportvereins über die Straße zum Rathaus ging, zuckte er förmlich zusammen. Mehr als 60 Gäste, darunter auch die Blaskapelle, applaudierten bzw. spielten auf. Als ihn Bürgermeister Stefan Kammergruber begrüßte, meinte der Junioren-Europameister schüchtern: „Ich hatte vielleicht mit drei oder vier Leuten gerechnet.“ Im Saal des Rathauses huschte ihm immer wieder ein Lächeln übers Gesicht. Manchmal versank er in sich, um vielleicht darüber nachzudenken, was in den Tagen seit dem Titelgewinn auf ihn einprasselt war. Wahrscheinlich ist er bis zum heutigen Tag noch nicht wirklich dazugekommen. 

Überzeugt von seinem Weg

Wie muss es auf einen jungen Mann wirken, wenn diverse Laudatoren über sein bisheriges Leben berichten. Da kommen einem 22 Jahre wahrscheinlich wie 70 vor. Es war allerdings wirklich schön anzuhören, was Sportvereinsgeschäftsführerin Diana Mödl und Fußball-Abteilungsleiter Helmut Killinger erzählten. Mödl erinnerte sich, wie Julian stets mit dem Rad zum Training nach Burghausen gefahren ist. Auch in Kaiserslautern, seiner ersten Profistation von 2013 bis 2017, radelte er ins Training. „Du befindest dich am Anfang eines Weges, den du dir gewünscht hast“, sagte sie. Sehr herzlich berichtete auch Helmut Killinger über den damals noch kleinen Julian. Er hielt ein Bild hoch, dass der Europameister mit sechs Jahren gemalt hat. Natürlich zeigt es einen Torwart bei der Parade. Killinger hat sich das Bild an ein Brett gepinnt. Jetzt, wo Julians Traum Wirklichkeit geworden ist, soll es einen Rahmen bekommen. Der Profisportler trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein und wünschte sich statt Sekt ein kühles Bier, was er auch bekam und genoss. 

Aufbruch in eine neue Welt

Für Julian Pollersbeck bedeutet dieser Titel einen Aufbruch in eine neue, öffentliche Welt. MdB Stephan Mayer hob die gesellschaftspolitische Bedeutung des Fußballs hervor. Es stellt sich an dieser Stelle die berechtigte Frage, warum alle Sportler gleich zu großen bzw. fehlerlosen Helden bzw. Vorbildern stilisiert werden. Pollersbeck arbeitet leidenschaftlich für den Erfolg. Er ist ein 22-jähriger junger Mann, der auch leben und nicht immer unter besonderer Beobachtung stehen sollte. Schon jetzt spürt er, dass er verdammt viele neue Freunde gewonnen hat. Die Anzahl der echten wird allerdings gleichbleiben. Nicht minder interessant war die Beobachtung, als er während des Autogrammeschreibens von einem jungen Spieler gefragt wurde, ob er ihn noch kenne. Plötzlich ändert sich die Wahrnehmung. „Erst interessierte sich keiner für mich, jetzt will plötzlich jeder was“, sprach er ganz leise vor sich hin, als der größte Rummel vorbei war und er auf einem Tisch sitzend durchatmete. Wie mag es in seinem Inneren aussehen, wenn er plötzlich überlebensgroß an die Wand gebeamt wird? Dabei geht der harte Profijob jetzt erst richtig los. Er wurde die Nummer Eins Kaiserslauterns, weil sein Kollege am vierten Spieltag Rot sah und wechselt nun in das sportliche und mediale Haifischbecken Hamburgs. Alles beginnt bei null. Der Titel, die tollen Leistungen zählen nicht mehr. Nun geht es für ihn darum, sich zu beweisen und irgendwann fix zwischen den HSV-Pfosten zu stehen. Es ist langer spannender Weg, den er sicherlich erfolgreich bestreiten kann. Doch einfach wird es nicht. Geduld ist gefragt. Den Willen dazu hat Julian Pollersbeck, der 2013 mutig auszog, seinen Traum zu leben und wahr werden zu lassen. (uk)

Ein ausführliches Interview folgt in einer der kommenden Ausgaben.