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Samstag, 5. Dezember 2015

„Manchmal schlägt das Leben unerwartete Wege ein“

Melanie Sterz schreibt über ihre Krebserkrankung
und ihre Erfahrungen während der Therapie


von Melanie Sterz



HOCHBURG-ACH. Als bei mir am 24. März 2015 Leukämie diagnostiziert wurde, brach für mich und für meine Familie die Welt zusammen. Dabei fing alles mit einem harmlosen Fieber an, das sich von Tag zu Tag steigerte, ohne zu wissen, woher. Zwei Wochen Fieber, nicht nur ich war ratlos, sondern auch die Ärzte. Bis mich eines Nachts unendlich starke Schmerzen am Rücken aus dem Schlaf rissen. Ein Privatarzt aus Salzburg stellte folglich einen Abszess fest, der auf schnellsten Wege entfernt werden musste. Eine Blutuntersuchung im LKH Salzburg brachte schließlich das niederschmetternde Ergebnis.
Mein Name ist Melanie Sterz, bin 33 Jahre alt und Mutter einer 9-jährigen Tochter Selina. Einst eine leidenschaftliche Sportlerin, jetzt eine leidenschaftliche Mutter, die für sich und ihre Familie um ihr Leben kämpft. Die Hoffnung auf eine Viruserkrankung verblasste, denn der Verdacht auf Leukämie hat sich mit meiner Frage an die Ärztin „Hab ich`s?“ bestätigt. Puh, was nun?

„... habe leider keine besseren Nachrichten für dich“

Diese Diagnose veränderte schlagartig mein Leben. Diesen Augenblick, als meine Mutter und ich voller Hoffnung die Ärztin anblickten, sie jedoch nickte und sagte, „…ich habe leider keine besseren Nachrichten für dich“, werde ich nie in meinem Leben vergessen. Soviel Verzweiflung und Hilflosigkeit in einem Zimmer, so viele Tränen, es war schrecklich! Demzufolge wurde ich schließlich in die Aplasie-Station (Station für Blutkrebserkrankung) gebracht. Sowohl Ärzte, Krankenschwestern als auch die Besucher liefen mit Mäntel, Mundschutz, Haube und Handschuhe herum. Jegliche Berührungen mit der Familie wurden mir untersagt, jeglicher Kontakt mit meinem Kind verboten. Denn die Ansteckungsgefahr für mich war viel zu hoch. All das konnte ich mit der Zeit erdulden, jedoch kaum zu verkraften war für mich die völlige Isolation von meiner Tochter. Selina durfte diese Station zu keinem Zeitpunkt betreten, Kindern unter 12 Jahren war der Besuch definitiv nicht gestattet! Ein weiterer Niederschlag, als ob die Diagnose alleine nicht schon gereicht hätte. 

10 Wochen keinen direkten Kontakt mit meiner Tochter

Zehn Wochen lang versuchte ich mir in einem Zweibettzimmer ein kleines Zuhause aufzubauen. 10 Wochen lang erhielt ich die notwendigen Chemos, völlig isoliert von der Außenwelt. Und 10 Wochen lang hatte ich keinen direkten Kontakt mit meiner Tochter – die härteste Zeit meines Lebens! Selina war während dieser Zeit das für mich wohl tapferste Kind der Welt, ich bin so stolz auf sie! Sie war mein Motor, der mir die Kraft zu kämpfen gab!
Der lange Aufenthalt hatte zum Glück nicht nur Schattenseiten. Es bildeten sich starke Freundschaften mit Patientinnen, wir spielten UNO oder setzten uns gemeinsam auf den Hometrainer, um fit zu bleiben. Wir alle krempelten unsere Ärmel hoch und begannen zu kämpfen. Es bildeten sich zudem auch tolle Freundschaften mit dem Pflegepersonal. Der anfangs gezeichnete Weg der Verzweiflung veränderte sich und aus Verzweiflung wurde Mut und Zuversicht. Probleme, über die man zuhause noch sinnlos diskutierten würde, wurden plötzlich klitzeklein. Ich konzentrierte mich fortan auf die wesentlichen Dinge, auf meinen Körper, auf meine Gesundheit, auf Freunde und Familie. Selbst die Nebenwirkungen von den Chemos, wie beispielsweise der Haarausfall, der mir sichtlich Angst bereitete, konnten meinen starken Willen, „Gesund zu werden“, nicht bremsen.

„Als ich aufwachte, waren zwei Wochen vergangen“

Alles schien perfekt zu laufen, ich durfte wieder nach Hause und bekam die weiteren Chemos entweder infolge kurzer, stationärer Aufenthalte oder ambulant. Bis zum 3. Oktober 2015. Das Blatt wendete sich nach der letzten Chemotherapie rasant. Ich wurde mit dem Rettungsauto aufgrund starker Bauchschmerzen und sehr niedrigem Blutdruck auf schnellsten Weg zurück ins LKH nach Salzburg gebracht. Was danach geschah? Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Als ich aufwachte, waren zweieinhalb Wochen vergangen. Ich erfuhr von meiner Familie, dass ich einige Tage auf der Intensivstation lag, danach wieder in die Aplasie-Station kam. Mein Leben hing am seidenen Faden. Eine starke Magen- und Darmentzündung, gekoppelt mit einer Blutvergiftung und einer schweren Lungenentzündung stellten meinen Körper auf eine harte Probe. Tägliches Hoffen und Bangen begleiteten sowohl meine Familie, Freunde, Ärzte als auch das Krankenhauspersonal. 

Der Kampf ums 
Überleben hat begonnen

Mit jedem Tag stiegen meine Abwehrkräfte, bis schließlich die Entzündungen zurückgingen und mein Darm wieder anfing zu arbeiten. Als ich wieder bei völligem Bewusstsein war, stelle ich fest, dass ich meine gesamte Muskelkraft verloren hatte. Ich war schrecklich hilflos, denn selbst das Gehen wurde für mich zu einer neuen und anstrengenden Aufgabe. Nichts desto trotz habe ich den Kampf ums Überleben gewonnen. Es dauerte eine Weile, bis ich mich wieder erholt hatte. Aber die Freude auf zuhause, meine Tochter Selina endlich wieder in den Arm nehmen zu können, war so groß, dass ich selbst das Hindernis der anfänglichen Schwäche überwunden habe!
Bis mein Körper wieder fit war, nahm ich eine kleine Pause von den Therapien. Im Dezember ging es dann weiter. Wie lange die Therapien noch dauern, das ist ungewiss. Jeder Körper ist verschieden, hierfür gibt es keine genau definierte Therapiezeit. Die Zeit wird es mir sagen.
Ob ich Angst habe? Mit jeder Minute. Aber wie schon als junge und leidenschaftliche Schirennläuferin damals weiß ich auch heute, wo mein Ziel liegt und wie ich dort mit Unterstützung meines Teams – Ärzte, Familie und Freunde – am besten hinkomme! Ich bin zuversichtlich und werde weiterkämpfen. Hoffnung, Mut, Zuversicht, Zeit und das notwendige Glück auf meiner Seite werden mich auf den Weg zurück bringen, wieder hundertprozentig gesund zu werden.