Viele Handwerksbetriebe könnten schon jetzt Lehrlingsplätze nicht besetzen – ausbildungswillige junge Flüchtlinge könnten zur Lösung beitragen
ALTÖTTING. Betriebe im Landkreis Altötting schlossen 2015 deutlich weniger
neue Lehrverträge ab Altötting – Trotz aller Anstrengungen in der Lehrlings-
Akquise sind die Ausbildungszahlen im Landkreis Altötting weiter rückläufig:
Insgesamt stellten die Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistung bis
Jahresende (2015) 503 Auszubildende neu ein, 5,1 Prozent weniger als im
Vorjahreszeitraum. Damit liegt der Landkreis über dem oberbayerischen Schnitt.
Hier ging die Anzahl der Neu-Verträge um 0,3 Prozent zurück. Dies geht aus der
aktuellen Ausbildungsstatistik der IHK für München und Oberbayern hervor.
Der Mangel an Auszubildenden geht quer durch alle Branchen. (Foto: cc0) |
„Die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen ist ungebrochen. Doch es gehen
ihnen schlichtweg die Azubis aus und das stellt die Betriebe bei der
Fachkräftesicherung vor riesige Probleme“, sagt Ingrid Obermeier-Osl,
IHK-Vizepräsidentin und Vorsitzende des IHK-Gremiums Altötting-Mühldorf.
Besonders groß ist der Azubimangel bei den gewerblich-technischen Berufen (minus
8,1 Prozent), allen voran im Bereich der Metalltechnik (71 Neu-Verträge/Vorjahr
82), im Bereich Chemie, Physik und Biologie (118 /Vorjahr 126) sowie in der
Elektrotechnik (59 /Vorjahr 65). Aber auch im Einzelhandel (81
Neu-Verträge/Vorjahr 96) und im Groß- und Außenhandel (8 Neu-Verträge/Vorjahr
15) konnten die Betriebe weniger Lehrverträge abschließen.
„Das Problem geht jedoch quer durch alle Branchen“, so Obermeier-Osl.
Insgesamt wurden der Arbeitsagentur im vergangenen Jahr rund 900 freie
Ausbildungsplätze für den Landkreis Altötting gemeldet. Davon blieben jedoch
fast 100 (Stichtag 30. September) unbesetzt. Gleichzeitig wurde bei der Agentur
für Arbeit kein unversorgter Ausbildungsbewerber mehr verzeichnet.
Ausgebildeten Chance
im Arbeitsmarkt geben
im Arbeitsmarkt geben
„Es ist höchste Zeit, zu handeln“, mahnt Obermeier-Osl. „Flüchtlinge können
dabei der Schlüssel zur Lösung des Azubimangels werden“ . Dazu sei die rasche
und zielgerichtete Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt dringend
notwendig. „Das von den bayerischen IHKs entwickelte ‚3+2 Modell‘ hat
letztendlich bewirkt, dass Asylbewerber, die eine Lehre aufnehmen, nicht nur für
die Dauer ihrer dreijährigen Ausbildungszeit ein Bleiberecht haben, sondern
darüber hinaus auch in den fol genden zwei Jahren nicht abgeschoben werden
dürfen“, betont die IHK-Vizepräsidentin.
Derzeit erlernen im Landkreis Altötting 94 ausländische Jugendliche
(Vorjahr 76) einen Ausbildungsberuf bei Industrie-, Handels- oder
Dienstleistungsunternehmen. Ihr Anteil an den insgesamt 1.469 Auszubildenden in
IHK-Berufen wächst kontinuierlich und liegt momentan bei 6,4 Prozent. In 4
Berufsintegrationsklassen werden außerdem rund 70 jugendliche Asylbewerber auf
das Berufsleben vorbereitet.
Damit die Integration in den Arbeitsmarkt weiter Fahrt aufnimmt, wird die
Wirtschaft selbst in Vorleistung gehen: Dazu stellen die bayerischen IHKs acht
Millionen Euro für berufs- und ausbildungsbegleitende Sprachförderung, den
Aufbau von Unterstützungsstrukturen oder die spezifische Fortbildung von
Ausbildern für Flüchtlinge zur Verfügung. Dazu hat die IHK einen ersten
Leitfaden mit allen wichtigen Informationen rund um die Themen Ausbildung und
Beschäftigung von Asylbewerbern zusammengestellt (abrufbar unter
www.muenchen.ihk.de/fluechtlinge).
„All diese Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel werden aber erst
langfristig greifen“, betont Obermeier -Osl.
Insgesamt sind zurzeit 247 IHK-zugehörige Unternehmen im Landkreis
Altötting in der Ausbildung aktiv und stehen für fast 60 Prozent aller
Ausbildungsverhältnisse. (mw/ihk)