Im Gespräch mit Hans-Peter Lechner, Karate Trainer und Dojo Leiter des Sakamoto Burghausen
von Martin Wimmer
BURGHAUSEN. Karate, ein Kampfsport dessen Ursprünge bis etwa 500 Jahre n. Chr. zurückreichen, ist als Breitensport noch relativ jung. Erst Anfang dieses Jahrhunderts entstand in Japan aus der traditionellen Kampfkunst ein Kampfsport mit eigenem Regelwerk. Das Dojo Sakamoto Burghausen besteht seit 1996 und gehört dem Shotokan Karate International Deutschland (S.K.I.D.) e.V. an, der wiederrum in die, in über 100 Ländern vertretene, Shotokan Karate International Föderation eingegliedert ist. Der InnSalzachKurier spricht mit Hans-Peter Lechner, Karate Trainer und Leiter des Dojo Sakamoto Burghausen seit 2009.
ISK: In vielen Köpfen wird Karate gleichgesetzt mit publikumswirksamen „Ziegel- oder Holzbrettzertrümmern“. Gleichzeitig aber verbreitet sich auch die Ansicht, dass Karate über „heilende Kräfte“ verfügt, ähnlich dem Yoga. Was ist richtig?
Hans-Peter Lechner: Karate ist ein Körper-Geist-Training und hat nichts mit Bretterzerschlagen zu tun. Man muss jedoch zwischen Karate als reinem Sport und Karate-Do unterscheiden. Wer nur ins Training geht, um schnell eine neue Gürtelfarbe zu erlangen und um auf Meisterschaften erfolgreich zu sein, wer nur körperlich hart trainiert, um schneller oder stärker als seine Gegner zu sein, macht grundsätzlich nichts falsch. Er hat jedoch die Philosophie des Karate nicht verstanden. Beim Karate-Do geht es hauptsächlich um die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich. Es geht um Selbstüberwindung und Selbstdisziplin. Ein Karateka ist nicht kämpferisch, sondern bescheiden. Es geht ihm nicht um Sieg oder Niederlage, das eigentliche Ziel ist die Entwicklung der Persönlichkeit. Dafür ist Selbstbeherrschung und Konzentration notwendig, man benötigt die Fähigkeit, sich innerlich zu ordnen und seine körperlichen und geistigen Kräfte zu sammeln. Durch das ganzheitliche Training von Körper und Geist erlangt man eine innere Ausgeglichenheit und Gelassenheit, die sich in allen Lebenslagen bewährt. So sieht ein Karateka allen Lebenssituationen einen Hauch gelassener entgegen. Egal ob im stressigen Berufsalltag oder im Privatleben. Diese innere Ordnung zu schaffen ist die Grundlage, sich selbst zu heilen.
ISK: In Burghausen wird der Shotokan-Stil trainiert. Was kann man sich grob zusammengefasst darunter vorstellen?
Hans-Peter Lechner: Der Shotokan-Stil ist die am weitesten verbreitete Stilrichtung im Karate. Charakteristisch für diese Stilrichtung ist ein tiefer Stand, der dynamische und kraftvolle Bewegungen ermöglicht. Der tiefe Stand wird in erster Linie im Training der Grundschule und der Kata sowie in den Basisformen des Kumite trainiert, im Freikampf steht der Karateka lockerer und höher. Hauptmerkmal des Shotokan Stils ist der Kampf in einer möglichst weiten Distanz zum Gegner, wobei jedoch auch die Rolle des Nahkampfes sowie der Selbstverteidigung nicht vernachlässigt wird. Zudem kann jede Shotokan Technik sowohl als Angriff als auch zur Verteidigung eingesetzt werden.
ISK: Karate fördert Geist und Körper. Eignet sich Karate auch zur Selbstverteidigung?
Hans-Peter Lechner: Vorweg muss man sagen, Selbstverteidigung ist keine Kampfkunst im eigentlichen Sinn, sondern eine durchdachte Reihenfolge von einfachen Handlungen, die relativ schnell erlernt werden können, zur Abwehr eines Angreifers jedoch überaus effektiv sind. Ziel ist es, mit einfachen Mitteln für die eigene Sicherheit zu sorgen. Das oberste Ziel der Selbstverteidigung ist es, niemals aufzugeben, auch wenn der Angreifer überlegen scheint. Wer Karate richtig trainiert stärkt automatisch auch sein Selbstbewusstsein. Mancher Angreifer kann schon durch ein sicheres Auftreten abgehalten werden. Wer durch seine Ausstrahlung signalisiert: Ich bin kein leichtes Opfer, der wird auch nicht wie ein leichtes Opfer behandelt.
ISK: Welche Voraussetzungen muss man beim Einstieg mitbringen? Welche Rolle spielt dabei meine Statur oder mein Alter?
Hans-Peter Lechner: Mit Karate kann im Kleinkindalter wie auch noch im Seniorenalter begonnen werden. Mein ältester Schüler war fast siebzig. Sicher hängt dies von jedem Einzelnen und dessen Physiologie ab. Das Wichtigste ist das Interesse am Karate, dass man Spaß daran hat und regelmäßig zum Training kommt.
ISK: Wettkämpfe haben beim Karate Tradition. Das Sakamoto Burghausen weist eine Vielzahl an Erfolgen auf. Welche Ziele verfolgt das Training und wie frei ist der Karateka in der Entscheidung, daran teilzunehmen?
Hans-Peter Lechner: Unser Training ist in erster Linie nicht auf Meisterschaften ausgelegt und über eine Teilnahme kann jeder selbst entscheiden. Ich versuche jedoch schon, gerade Kinder und Jugendliche für Meisterschaften zu motivieren. Denn jede Teilnahme bedarf einer Selbstüberwindung und stärkt das Selbstbewusstsein.
ISK: Sie selbst sind Träger des 2. Dan und leiten das Dojo Sakamoto Burghausen seit 2009. Können sie Ihren Werdegang kurz zusammenfassen?
Hans-Peter Lechner: Bereits als Kind interessierte ich mich sehr für Sport, insbesondere fürs Fahrradfahren und fürs Laufen. Hier sammelte ich auch meine ersten Wettkampferfahrungen. Wirkliche Begeisterung fand ich jedoch erst beim Karate. Als 16-Jähriger begann ich in Simbach am Inn mit Karate und erkannte, dass dies der richtige Sport für mich ist. Zuerst trainierte ich nur in Simbach, aber bald nutzte ich auch andere Trainingsangebote und trainierte bis zu fünf Mal in der Woche. Bald nahm ich auch erfolgreich an nationalen und internationalen Meisterschaften teil und trainierte unseren Nachwuchs. 2004 legte ich die Prüfung zum 1. Dan ab. Im weiteren Verlauf übernahm ich immer wieder auch Erwachsenenkurse. 2011 legte ich die Prüfung zum 2. Dan ab. Im selben Jahr wurde ich auch ins Nationalteam berufen und startete auf der EM in Ungarn. Seit 2013 habe ich mich von Wettkämpfen zurückgezogen, denn als Papa von drei kleinen Kindern ist es zeitlich schwierig, sein Können auf Wettkampfniveau zu halten.
ISK: Vielen Dank für dieses Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
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Weitere Informationen unter:
http://karate-burghausen.de
Ansprechpartner:
Hans-Peter Lechner
(+49) 0170/2113756
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