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Donnerstag, 28. September 2017

Der Turmfalke, ein Vogel, der „rüttelt“, um seine Beute zu finden

Turmfalken sind Greifvögel, die als Kulturfolger auch hohe Gebäude in Industrieanlagen bevölkern

von Günter Geiß

REGION. Linné ordnete den Turmfalken 1758 mit dem lateinischen Namen Falco tinnunculus in die wissenschaftliche Nomenklatur ein. Die Turmfalken besiedeln Europa, Asien und Afrika in vielen Unterarten in fast allen Klimazonen. In unserer Region ist die Nominatform Falco tinnunculus tinnunculus heimisch. 

Aussehen und 
Besonderheiten

Der Turmfalke ist ein langschwänziger, spitzflügeliger und schlanker Falke. Er gehört mit seinen rund 35 Zentimetern Größe zu den kleinen Greifvögeln in Deutschland. Ausgewachsene Männchen wiegen etwa 200 Gramm, das Gewicht der Weibchen schwankt übers Jahr und sie wiegen während der Legeperiode bis 300 Gramm. Der Kopf der älteren Männchen ist hellgrau gefärbt und ihr Rücken ist rotbraun mit kleinen dunklen Flecken. Der hellgraue bis blaugraue Schwanz trägt eine schwarze Endbinde. Kleine dunkle Tropfenflecken zieren die Unterseite des schmutzig-gelben, mit Längsstreifen versehenen Körpers. Bei den Weibchen ist die Körperunterseite dunkler und stärker gefleckt als bei den Männchen. Am Rücken sind sie braun quergebändert. Die Turmfalken haben eine Flügelspannweite von etwa 75 Zentimetern und sind im Flug an ihren spitzen Flügeln und an ihrem charakteristischen Rüttelflug zu erkennen. Ihr brauner Stoß zeigt mehrere Querstreifen und eine abgesetzte Querbinde. Die Flügelspitzen erreichen bei ausgewachsenen Vögeln das Schwanzende. Die Beine sind kräftig gelb, die Krallen schwarz und die Augenringe gelb, während sie bei Jungvögeln hellblau bis hellgelb gefärbt sind. Bei den Jungvögeln gleicht das Gefieder mehr den Weibchen, ist aber runder und kürzer.

Gewinner der 
Urbanisierung

Turmfalken sind bei uns die weitaus häufigsten Greifvögel. Sie sind in Kulturlandschaften anzutreffen, wo Waldränder und Feldgehölze Nistgelegenheiten bieten und wenn vor allem Beutetiere vorhanden sind. Als ursprünglicher Felsbewohner zählt der Turmfalke zu den Gewinnern der Urbanisierung, bei der ihm zusätzlicher Lebensraum eröffnet wird. Man erkennt den Turmfalken an seinen hellen “kikikikiki“-Rufreihen, die vor allem im Flug ausgestoßen werden. Die Rufe variieren je nach Situation in Lautstärke, Tonhöhe und Frequenz. Am Brutplatz gibt er nur leise Rufe von sich. Während der Balz imitiert das Weibchen den Bettelruf der Jungvögel, aber auch, wenn sie das Männchen während der Brutzeit um Futter anbettelt. Der Erregungslaut „titititi“ ertönt vor allem, wenn die Vögel am Nest gestört werden.

Stehend in der Luft
durch Rüttelflug


Der Turmfalke braucht freies Gelände, offene Flächen mit niedriger Vegetation, die er mit hastigen Flügelschlägen zum Jagen anfliegt. Schon von weitem ist er im Flug an seinen langen spitzen Schwingen und am langen Schwanz zu erkennen. Bei seinem Rüttelflug, den er zum Beutesuchen nutzt, bleibt er in einer Höhe von 10 bis 20 Metern im Luftraum stehen und späht nach Beute. Er verharrt dabei flatternd an einer Stelle, spreizt den langen gefächerten Schwanz nach unten und beobachtet den Erdboden. Zeigt sich ein Beutetier, lässt er sich schwebend etwas fallen, um dann in einem passenden Moment steil auf die Beute hinunterzustoßen, wobei er kurz vor dem Erdboden abbremst. 

Beutetod durch 
Nackenbiss

Der Turmfalke ist ein Griffhalter, der die Beute mit seinen Fängen packt und durch einen Nackenbiss tötet. Hat er keinen Erfolg, rüttelt er an anderen Plätzen weiter, bis er einen kleinen Nager zu greifen bekommt. Mit der Beute in den Fängen fliegt er zu einer erhöhten Stelle, um sie dort zu verzehren. Im Allgemeinen stößt der Turmfalke fast ausschließlich auf Beutetiere, die am Boden laufen oder sitzen. Wenn Falken in bewohnten Gegenden einen Vogelschwarm überraschen können, wird auch die Luftjagd im schnellen Verfolgungsflug praktiziert. Seine Nahrung besteht hauptsächlich aus Feldmäusen und anderen Wühlmäusen, Maulwürfen, Spitzmäusen, Eidechsen und auch Käfer und Heuschrecken stehen auf seinem Speiseplan. Ausgeflogene junge Turmfalken ernähren sich erst von Insekten und größeren Wirbellosen und überwältigen erst mit zunehmender Jagderfahrung Kleinsäuger. Turmfalken sind tagaktiv und jagen bis tief in die Dämmerung hinein. Sie benötigen täglich etwa ein Viertel ihres Körpergewichts als Nahrung.

Brutplätze in Kirchtürmen
und hohen Gebäuden


Turmfalken sind bereits nach einem Jahr geschlechtsreif und besetzen im Spätwinter oder zeitigen Frühjahr das Brutrevier, das häufig auch als Winterquartier gedient hat. Die Vögel brüten bevorzugt in felsigen Regionen, wo ihnen Felsspalten und Höhlen als Brutplatz dienen. Sie brüten auch gern an Waldrändern auf hohen Einzelbäumen, wo Altnester von Krähen zur Verfügung stehen. Als Kulturfolger nisten sie auch auf Kirchtürmen und auf anderen hohen Gebäuden in Mauernischen. Wenn nicht ein Altnest vorhanden ist, begnügt sich der Vogel mit einer kleinen Mulde, aus der die Eier nicht wegrollen können. Die Balzflüge der Turmfalken kann man ab März bis April beobachten. Mit ruckartigen Flügelschlägen und mit einer halben Drehung um die Längsachse will das Männchen dem Weibchen imponieren. Es vollführt mit erregten Rufen Scheinangriffe, um kurz darauf in raschem Gleitflug nach unten zu stoßen. Auch dienen diese Flüge der Revierabgrenzung. Die Aufforderung zur Paarung geht vom Weibchen aus, indem es sich in der Nähe des Männchens mit einem Bettelruf niederlässt. Nach der Begattung lockt das Männchen mit hellen „Zick“-Rufen das Weibchen zu seinem ausgewählten Brutplatz, wo es sich unter lauten „Zick“-Rufen in die Horstmulde legt, als wolle es brüten. Es scharrt mit den Füßen, als wolle es die Brutmulde vertiefen. Erscheint das Weibchen am Horst, bietet das Männchen mit einem erregten Auf- und Niederwippen dem Weibchen eine in der Horstmulde platzierte Beute mit dem Schnabel an. 

Lebenslange 
Partnerschaft

Ein Turmfalkenpaar bleibt ein Leben lang zusammen. Die Weibchen legen Mitte April meist drei bis sechs stark gefleckte, ockergelbe bis braune Eier mit drei bis vier Zentimetern Länge. Das Weibchen brütet überwiegend allein. Die Jungen schlüpfen nach etwa 27 bis 29 Tagen. Die Nestlinge werden in den ersten Tagen von der Mutter fast ständig gehudert und sie verlässt das Nest nur, um vom Männchen Futter zu übernehmen. Bei Mäusen füttert das Weibchen nur das Muskelfleisch, während sie selbst den Darm und den übergebliebenen Rest frisst. Nach der zweiten Lebenswoche stellt das Weibchen das Hudern ein und beide Elternteile versorgen dann die Jungen mit Nahrung. Die Jungen machen erste Stehversuche und am Ende der vierten Lebenswoche ist der Wechsel des Dunenkleides ins Gefieder der Jungvögel abgeschlossen. Im fortgeschrittenen Alter wird die Beute der Altvögel nur noch bei den Jungvögeln am Nest-rand abgelegt, die sie dann selber fressen. Nachdem die Jungvögel das Nest verlassen haben, werden sie noch weitere vier Wochen von ihren Eltern begleitet und gefüttert, bis sie sich ein eigenes Revier suchen.


Das ganze Jahr 
über ansässig

Turmfalken sind bei uns überwiegend Standvögel und bleiben das ganze Jahr über je nach Nahrungsangebot und Witterung in einem Gebiet, das sehr groß sein kann. Einige Vögel ziehen allerdings am Ende des Sommers in den Süden. Bei hier überwinternden Turmfalken handelt es sich aber auch um Vögel aus östlichen oder nördlichen Gebieten. 
Beim ältesten Turmfalken konnte anhand der Beringung ein Alter von 18 Jahren nachgewiesen werden.